Für immer und dich
Adoro bezaubern in der Messehalle
17.11.2009 [db] Klassik kann so schön sein, so wunderschön. Hinter jedem noch so profanen Popsong steckt ein Universum aus Klängen und Stimmen. Melodien, die die Seele streicheln. Ich sitze an diesem Abend in der Messehalle Erfurt und bin nicht vorbereitet, auf das was kommt. Mehrfach erschallt ein Gong durch das Gebäude. Dann kündigt eine Stimme den Beginn des Konzertes an. Ein schwerer, grüner Vorhang hebt sich. Dahinter verbergen sich ein Orchester und eine Band. Sie spielen eine Ouvertüre. Leicht und schwermütig zugleich. Dann öffnet sich ein zweiter Vorhang und gibt den Blick auf fünf junge Tenöre frei. Adoro. Sie beginnen mit einem Stück der Söhne Mannheims. Wenn ein Lied meine Lippen verlässt. Schon immer ein Lied mit Gänsehautgarantie. Aber in diesem Arrangement und mit diesen Stimmen ist es anders. Es geht tiefer. Während ich noch gegen die beginnende Gänsehaut ankämpfe, stehlen sich Tränen aus meinen Augen. Sie laufen meine Wangen hinunter und ich verliere mich in der Melodie. Wissen die eigentlich, was sie da anrichten?
Klassisch arrangierte Popsongs, die sich plötzlich anders anfühlen. Ein neues Gewand für Lieder, die man tagaus tagein im Radio hört, die man liebt, vielleicht aber auch schon überhört. Doch bei Adoro hört man wieder hin. Einen Vorgeschmack auf das Konzert konnte man sich mit dem aktuellen Album “Für immer und dich” holen. Die Sänger dann live zu erleben ist noch ein Quäntchen besser. Man sieht hin. Man fühlt. Man vergisst alles um sich herum. Da ist nur noch die Musik. Fein aufeinander abgestimmte Temperamente, sich perfekt ergänzende Stimmen und eine ausnehmend geruhsam choreografierte Show. Der aus Wien stammende Laszlo Maleczky, der Klingenthaler Nico Müller, Jandy Ganguly und Peter Dasch aus Berlin und Assaf Kacholi aus Tel Aviv haben allesamt eine klassische Opernausbildung. Gemeinsam sind sie Adoro und hauchen der Klassik neues Leben ein. Nehmen ihr den Staub, wie man auch am Publilkum sehen kann. Verdächtig viele junge Leute haben in den Sitzreihen Platz genommen und verfolgen mit verträumten Blicken jede Geste, lauschen jedem Ton. So wie ich.
Und dann finde ich fast beiläufig auch “Ohne dich”, ursprünglich von der Münchner Freiheit gesungen, traumhaft schön. Adoro machen es sich zu eigen. Es ist nicht mehr Pop. Der Song wird zu einer schwebenden Liebeserklärung. Adoro lassen ihr Publikum mit ihnen zu Herbert Grönemeyers “Schmetterlinge im Bauch” leiden, seufzen zu Nenas “Liebe ist” oder innehalten zu Udo Lindenbergs “Horizont”. Zu schnell scheint die Zeit zu vergehen. Man will mehr.
Ein Tipp für alle Männer, die ihre Frau oder Freundin auf eines der Konzerte begleiten: Nehmt Tempos mit. Sie werden euch dankbar sein. Ich war es.