Krawall und Remmidemmi!
Deichkind zerlegen die Thüringenhalle in Erfurt
24.03.2012 [db] Keine Band ist so befreiend wie Deichkind. Ich kenne die Jungs noch aus gemäßigteren Zeiten, als sie mit Nina ganz brav „Bon Voyage“ sangen. Vorbei. An einem Punkt in ihrer Karriere haben die Deichkinder beschlossen abgedrehter als abgedreht zu sein – und sind dabei wahrscheinlich die ehrlichsten Musiker hier im Land. Auf ihren Konzerten lassen sie das innere Kind Amok laufen und fackeln ein Trashfeuerwerk ab, das kein Auge trocken und keinen im Publikum ruhig stehen lässt.
Es fängt schon vor dem Einlass an. Auf dem Parkplatz treffen Kolonnen Deichkind-Fans ein – rund 3.000 werden es an diesem Abend sein. Und jeder, wirklich jeder, gibt sich reichlich Mühe, mit seinen Helden gleichzuziehen. Die Farbenpracht erschlägt. Die Leuchtarmbänder erhellen den Erfurter Nachthimmel. Und die pyramidenförmigen Kopfbedeckungen schirmen jegliche Gedankenkontrolle durch Außerirdische ab. Dazwischen Ladies in neonfarbenen Kleidern, Jungs in Seuchenschutzanzügen und immer wieder T-Shirts mit „Yippie Yippie Yeah“ und „Leider Geil“. In der Thüringenhalle läuft bis zum Konzertbeginn eine Videoshow mit Songs, die das wartende Publikum bereits auf und ab hüpfen lassen. Als das Intro beginnt und der Kreischpegel enorm nach oben schnellt, fängt die Party erst richtig an. Intime Clubkonzerte, in den „gemütlichsten Hallen und Arenen unserer Hemisphäre“, nennen die Deichkinder ihre aktuelle Tour. Der Befehl dazu kam von ganz unten. Und was dabei herauskommt ist leider, leider geil. Es braucht nicht viele Worte, um die Massen in die Hocke zu zwingen. Es braucht nicht viele Gesten, um ein Deichkind im Schlauboot durch die Thüringenhalle zu tragen. Es ist bunt. Es ist trashig. Es ist laut. Deichkind knallt. Deichkind macht unendlich viel Spaß. Egal, welcher Musikrichtung man im Grunde sein Herz schenkt: bei Deichkind ist jeder gut aufgehoben. Zwischen Mülltüten, Klebebändern, Roll- und Drehstühlen, Solarien und Skeletor, verliert man für zwei Stunden den Sinn für die Realität. Es ist fantastisch diesem springenden Farbenmeer zuzusehen. Der Remmidemmi, den die Nordlichter veranstalten, hallt in jedem Besucher nach. Und so tanzen Tausende aufgeladen in die Nacht hinaus. Einmal richtig austicken. Einmal lauthals mitschreien und die Hände in die Luft recken. Deichkind sind definitiv keine Band von der Stange. Das ist ein wahnsinniger Haufen Krawall. Yippie Yippie Yeah!