Open Flair Festival
Eschwege wird zur riesigen Festivalarea
13.08.2017 [al] Bereits zum 33. Mal pilgerten gut 20.000 Fans zum Open Flair Festival nach Hessen ins beschauliche Eschwege, um ihre Lieblingsbands zu feiern und der Auszeit vom Alltag zu frönen. Nicht nur ein hochkarätiges Line Up begeisterte die Besucher, auch wurde ein umfangreiches Kinderprogramm auf die Beine gestellt, hervorragende Kleinkunst- und Comedy-Acts sorgte für Abwechslung und Walkacts verzauberten die Gäste. Während schon am Dienstag ein Gros der Festivalbesucher anreiste, galt es am Mittwoch Punkt 15.00 Uhr gemeinsam mit der Oberhausener Ska-Punkband Sondaschule das Open Flair 2017 Festival auf dem Gelände an der Seebühne zu eröffnen.
Die Abstürzenden Brieftauben und Marathonmann spielten bei bestem Festivalwetter das Publikum warm. Danko Jones brachten etwas internationales Flair mit. Besonders Bassist John Calabrese sprühte vor Energie, sehr zur Freude der Fotografen. Die Kanadier, die ihr Anfang des Jahres erschienenes Album „Wild Cat“ im Gepäck hatten, bewiesen, dass 3 Mann reichen, um eine geballte Ladung Rock unters Volk zu mischen. Leider ging ihr Backdrop auf dem Flug nach Deutschland verloren, ausgerechnet bei einer deutschen Fluggesellschaft, die nur wenige Tage später Insolvenz anmeldete. Fazit: leg dich besser nicht mit Danko Jones an 😉
Den ersten Abend schlossen Madsen ab. Gehören sie schon fast zum Inventar des Open Flair, so lieferten sie auch dieses Jahr wieder eine solide, gute Show. Wer Madsen will, bekommt Madsen. Und das bereits zum 7. Mal auf dem Open Flair.
Das Wetter war fantastisch an diesem Tag und man wünschte sich, dass es doch so bliebe. Leider wurde dieser Wunsch nicht gehört. Bereits Donnerstagabend setzte der Regen ein und so richtig verschwinden wollte er erst wieder am frühen Sonntagnachmittag.
Der Donnerstag startete für Festivalverhältnisse recht spät, was aber in Anbetracht des noch anstehenden Programms der nächsten Tage durchaus sehr angenehm war. 16.00 Uhr betraten Premium Verum die Seebühne, bevor dann die Hip Hop-Fans auf ihre Kosten kamen, als B-Tight das Mikrofon übernahm. Während anschließend Brett spielten, regnete es noch immer nur Konfetti, Federn und Mehl. Die Mannschaft der Heavy Secure Rocking Crew war voll in ihrem Element, ohne dabei den Fokus auf die Sicherheit der Besucher zu verlieren. Erst letztes Jahr im September erhielt das Open Flair den „HELGA!“-Award für die netteste Security. Dieser Sieg wurde nun gefeiert. Bevor Irie Révoltés die Bühne betraten, marschierten die Mannen der Heavy Secure Rocking Crew im Braveheart- Stil mit bemalten Gesichtern, freien Oberkörpern und Schottenrock in den Graben ein. Ein Open Flair ohne die verrückte Truppe ist irgendwie nicht vorstellbar.
Irie Révoltés befinden sich aktuell auf Abschiedstour und hatten das Publikum von Anfang an im Griff. Nach 17 Jahren auf der Bühne verabschieden sie sich, obwohl noch so viel zu sagen wäre. Nicht jeder Abschied ist ein leichter. Immerhin wurde er gebührend gefeiert. Kyle Gass ist eine Erscheinung. Wenn der Schauspieler nicht gerade Filme dreht oder mit Jack Black gemeinsam als Tenacious D auf der Bühne steht, hat er noch seine eigene Band. Er präsentierte eine gute Show, gepaart mit viel Mimik und Gestik. Ein Profi, der den Spaß auf der Bühne nicht verlernt hat.
Etwas mittelalterlich wurde es mit In Extremo, welche live immer wieder ein Erlebnis sind. Als die Berliner Band die Bühne betrat und mit ihren mittelalterlich-rockigen Klängen lospreschte, war auch der stärker werdende Regen vergessen. Wer die Show verpasst hat: Im Winter spielen sie einige Deutschland-Konzerte.
Während das Areal der Seebühne sich weiter in ein Sumpfgebiet verwandelte, eröffnete am Freitag dann auch das Hauptgelände mit HR3- und Freibühne am Werdchen. Die Festivalbesucher, nun vornehmlich in regenfester Kleidung, ließen vermutlich den Absatz an Gummistiefeln, Regenponchos und ähnlichem in Eschwege in die Höhe schnellen. An diesem dritten Tag gaben sich großteils deutsche Künstler die Klinke in die Hand. Pennywise bildeten hier eine der wenigen Ausnahmen, die um 14.00 Uhr einen sehr frühen Spot einnahmen. The Prosecution, welche bereits letztes Jahr auf der Freibühne zu Gast waren, konnten, trotz der frühen Spielzeit, auf ihre Fanbase vertrauen. Bukahara versprühten den Duft der großen weiten Welt. Die vier Musiker brachten das Publikum zum Tanzen.
Für die härteren Töne sorgten Counterfeit auf der Freibühne und Heaven Shall Burn später auf der HR3-Bühne. Während Counterfeit-Sänger Jamie Campbell Bower das Bad in der Menge genoss, peitschte Marcus Bischoff von HSB das Publikum mit starken Posen voran. Es seien so viele hübsche Frauen auf dem Open Flair, stellte er fest. Vermutlich alle aus Thüringen angereist. Die Band liebt ihre Heimat. Heiß diskutiert von der Tageszeitung und einigen Festivalbesucher sicherlich der Auftritt von Alligatoah. Mit großem Bühnenbild im Heißluftballon umringt von seinen Musikern auf Wolken startete die etwas mehr als einstündige Show. Teils recht anzüglich führte der Sänger durchs Programm und „castete“ live seine Band. Seinen Fans gefiel es, die wiederum den Musiker feierten
Unumstritten hingegen der Headliner des Abends: die Broilers! Der Platz vor der Hauptbühne war gerammelte voll, als die Düsseldorfer ihr aktuelles Album „SIC!“ präsentierten, natürlich auch den ein oder anderen Klassiker spielten und die Fans bis in die letzten Reihen zum ausgelassenen Feiern brachten.
Your Prophecy eröffneten den Samstag auf dem Hauptgelände. Während das Programm an der Seebühne erst später startete, ging es am Werdchen schon heiß her. Elfmorgen, die letztes Jahr noch für viel Stimmung auf dem Campingplatz sorgten, durften dieses Jahr gleich auf die HR3-Bühne. Feuchtfröhlich und mit bester Laune ging es dann weiter mit ITCHY. Itchy who? Nein, nicht Poopzkid. Einfach nur noch “ITCHY”. Die dreiköpfige Band hatte sich Anfang des Jahres umbenannt, gab aber natürlich trotzdem alle Hits von früher bis heute zum Besten. Der obligatorische Ritt auf dem Guitarcase von Sebastian -Sibbi- Hafner übers Publikum fiel zwar etwas kurz aus, wurde aber immerhin von viel Konfetti begleitet.
The Amity Affliction, die leider gut eine Viertelstunde kürzer spielten als geplant, sorgten an diesem Tag wohl für die härtesten Klänge am Werdchen. Die 4 Australier hatten ihre Open Flair-Premiere. .Shouter Joel Birch schrie sich in bekannter Manier die Texte aus dem Leib, während Sänger und Bassist Ahren Stringer für die melodiösen Parts sorgte. Ebenfalls jede Menge Energie versprühten Skinny Lister. Frontfrau Lorna Thomas sang sich durch das Programm, tanzte und lachte dabei so viel, dass es eine wahre Freude war, ihr dabei zuzusehen.
SDP gelten schon eine Weile nicht mehr als „bekannteste unbekannteste Band der Welt“. Vincent Stein und Dag-Alexis Kopplin zeigten die „bunte Seite der Macht“ und zogen damit viele Festivalbesucher vor die Hauptbühne.
Billy Talent galt unter vielen Besuchern als Samstagabendhighlight. Die Kanadier, deren letzte Alben alle Platz 1 u.a. der deutschen und kanadischen Albumcharts erklimmen konnten, stellten unter Beweis, dass dieser Erfolg nicht von ungefähr kommt. Es dauerte nur einen kurzen Moment, bis sie ihr Publikum voll im Griff hatten.
Und dann war da auf einmal Sonntag. Es hörte auf zu regnen, das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und auch das Open Flair hatte an diesem letzten Festivaltag noch einiges zu bieten. Watch Out Stampede überzeugten an diesem frühen Nachmittag auf der Freibühne so richtig. Ganz im musikalischen Kontrast dazu brachte Joris mit Gitarre und seiner Band die radiotauglichere Musik mit auf das Open Flair. Shawn James & The Shapeshifters waren an diesem Tag vermutlich die Exoten, wenn man es so nennen kann. Chris Overcash wirbelte mit seiner Geige über die Bühne, während Shawn James selbst ein wenig wie aus „Fluch der Karibik“ entsprungen aussah. Am späten Nachmittag und Abend wurde dann noch einmal tief in die Kiste der international erfolgreichen Acts gegriffen: angefangen bei den sehr starken Anti-Flag, über die Schotten von Biffy Clyro bis hin zu Rise Against. Letztere bildeten, wie bereits vor 3 Jahren, den fulminanten Abschluss des diesjährigen Open Flair. Trotz einiger Soundprobleme überzeugten die 4 US-Amerikaner und Sänger Tim McIlrath bewies zwischen all den nach vorn preschenden Songs einmal mehr, dass Rise Against auch leise, nur mit Gitarre, funktionieren können.
Es war wieder ein tolles Festival, liebevoll organisiert und fantastische Bands gab es natürlich auch zu sehen. Ich komme immer wieder gern zum Open Flair, man fühlt sich einfach wohl. Jetzt heißt es gut ein Jahr warten, bis vom 08. – 12. August 2018 das Festival in die nächste Runde geht. Der Vorverkauf ist bereits sehr erfolgreich gestartet und ich freue mich jetzt schon, hoffentlich wieder Teil des Ganzen zu sein.