Out of the box!
Die Happy auf red box-Tour 2010 in Erfurt mit grandiosem Support Act
29.12.2010 [db] Dieser Abend begann mit einem Knall. Definitiv. Aaaah, man erlebt es wirklich selten, dass der Support Act die Menge aus den Socken rockt. Aber im alten Jahr gab es auch für mich noch eine Überraschung. DIE HAPPY haben für ihre „red box“-Tour eine wahre Supportperle aus dem Hut gezaubert. Die tschechische Combo DIVOKEJ BILL macht unheimlich Laune. Wunderte man sich vor Konzertbeginn noch über den lange Reihe Mikrofone auf der Bühne, konnte man sich kurz nach 21 Uhr davon überzeugen, dass wirklich jedes einzelne davon seinen Zweck erfüllte. Mit ein paar zusammengestammelten Sätzen auf Englisch begrüßte Václav “Venda” Bláha die Besucher im HsD. Kurz darauf ließen die neun wirklich irren Typen eine Salve gut gelaunten Folkrocks auf die Gäste nieder. Unfassbar, was da nach kurzer Aufwärmphase los war. Übersetzt bedeutet der Bandname so viel wie „Wilder Bill“ – besser hätten sie es nicht treffen können.
Selten erlebt man Fans in so ausgelassener Sprung- und Tanzlaune wie bei dieser Band. Der Vorband! Mit Gitarren, Banjo, Akkordeon, Schlagzeug und keltischer Geige ließen sie die Puppen tanzen und kein Auge trocken. So erfuhr man, in herrlich zusammengeflicktem Deutsch-Tschechisch-Englisch, dass die Band eine Autopanne bis 6 Uhr morgens hatte und diese mit ordentlich Bier begossen hatte. Mein Chef – dessen Chef ich ja bin – kam aufgeregt auf mich zugerannt und meinte: „Das sind die Inchtabokatables auf tschechisch!“ – fein unterstrichen mit einer ausladenden Jawoll-Geste. Passt. Zum Schluss noch ein Trinklied namens „Alkohol“ und schon klappt die Völkerverständigung. Sprachbarrieren waren gestern. Nach diesem wirklich bunten, witzigen und sehr tanzbaren Eröffnungsakt, dauerte es nicht mehr lange, bis der Teppich für Thorsten ausgelegt, die Setlist festgeklebt und die Wasserflaschen verteilt waren. Und die Band um Wirbelwind Marta Jandová schaffte es, das Tempo von Divokej Bill noch zu steigern. Mit neuer Platte und altem Elan rockten sie das HsD. Es gibt unter Fans das geflügelte Wort „Bei DIE HAPPY wird immer ein bisschen höher gesprungen als bei anderen Bands“ – davon konnte man sich an diesem Abend überzeugen. Ruhige Momente, Balladen, waren rar gesät. Doch wer braucht das auch stets und ständig. Viel lieber sieht man diesen Sack Flöhe über die Bühne springen und ihren Charme versprühen. „Waren wir nicht schon einmal unplugged hier in Erfurt? Habe ich mir hier nicht mal Wimperntusche ausgeliehen? Bei dir? Heute brauche ich das nicht, ich habe mich vorher angemalt.“ Wenn sie nicht mit einem unheimlich gewinnenden Lächeln davon erzählt, dass Frauen ein bis zwei Jahre um eine Beziehung trauern, während Männer binnen ein bis zwei Tagen einen „neuen Parkplatz“ gefunden haben, dann rockt sie – Marta. Marta Jandová, die in diesem Jahr mit dem Format „Popstars“ auf ProSieben nach jungen Gesangstalenten gesucht hat, zeigt, dass sie das beste Vorbild für junge Musiker ist. Eine charmante Rampensau. Ein Rockfloh. Ein Bündel Energie mit einer Wahnsinnsstimme. Eine Frau, die mit ihrer Band wirklich für unvergessliche Konzerterlebnisse sorgen kann.
Und wenn sie das nächste Mal fragt, wer sich das neue Album „red box“ illegal heruntergeladen hat, dann nicht laut „hier“ schreien, sondern lieber gleich zum Merchandisestand gehen und legal kaufen. Macht mehr Spaß, wenn eine Band ihr Album komplett auf eigene Kosten produziert. Danke.