Party.San Metal Open Air 2011
9,000 Besucher verhelfen der Premiere in Schlotheim zum Erfolg
13.08.2011 [db] Das neue Gelände hat sich bewährt. Das Party.San hat einen neuen Heimathafen gefunden. Auf in den Finaltag. Wer nach dem gestrigen Abend zeitig aus dem Schlafsack krabbeln konnte, erlebte zum Frühschoppen im Zelt die Berliner Rock’n Roll Band Cashley – so früh am Morgen verträgt der Metalmagen noch keine allzu harten Klänge. Da lässt man sich den Kaffee zu Musik schmecken, die von Johnny Cash und Elvis Presley inspiriert ist. Doch Punkt 12 schlägt die Stunde des Metal und mit Dawn of Disease steht der erste Act auf der Bühne.
Thrashlastig ist der Samstagnachmittag. Durchsetzt von Death, Regen und Sonne. Witchburner hatten anfangs mit technischen Problemen zu kämpfen, ließen es dann aber Old School-mäßig ordentlich krachen. Und dann kommen auch die Exoten wieder aus ihren Löchern – Truppen Hello Kitty-behüteter Metalheads, Ziegenmasken, blutverschmierte Metzgerschürzen, Bademäntel und knallrosa Herzchenbrillen. Highlight am frühen Abend sind eindeutig Taake. Nachdem sie 2006 vom Billing des Festivals genommen wurden, zogen sie in diesem Jahr alle Register. Ein Fan schrieb auf facebook zur Ankündigung ihres Gigs auf dem PSOA: „Smash & Conquer once again!“ Und das taten Hoest und seine Männer in der Tat. Wo der Platz vor der Bühne bislang noch recht durchlässig war, gab es bei Taake kein Durchkommen mehr. Diese Band wollte jeder sehen. Ich auch – der Rest des Billing am Samstag ist – trotz At The Gates und Enslaved – doch relativ uninteressant für mich. Auf die Norweger kam es mir an. Und was die abliefern, ist erste Sahne. Sie tauschen ihren Platz in der Running Order mit Nachtmystium und Exhumed – eine der Bands hatte sich verfahren. Was an diesem Wochenende übrigens einigen passierte – Bands, Crew – manch einer stand in Bad Berka und wunderte sich, dass auf dem Acker Kartoffeln statt Metalheads standen. Doch zurück nach Schlotheim.
Die Fans finden das neue Areal klasse. Der Campingplatz ist weitläufiger. Einziges Problem ist da der etwas härtere Boden, in den man nur mit Mühe einen Hering einschlagen kann. Doch am Ende stehen tausende Zelte hinter dem Festivalgelände – so schwer kann es dann doch nicht gewesen sein. Auch im neuen Heimathafen gibt es die Dusch- und WC-Flatrate. Woran sie die Neckbreaker noch gewöhnen müssen ist die Tatsache, dass Schlotheim tot ist. Die Stadt befindet sich noch im Dornröschenschlaf und kann mit den Besuchern noch nicht wirklich etwas anfangen. Aber aus diesem Grund haben die Veranstalter Schnuppertickets für die Anwohner angeboten, die auch angenommen wurde. Cirka 300 von diesen Tickets gingen an Schlotheimer, die man auf dem Gelände auch sehr gut erkennen konnte. Vorsichtig sahen sie sich alles an und bestaunten die Bands – die vorwiegend älteren Paare haben so etwas noch nie gesehen. Vielleicht aber entsteht zwischen den Schlotheimern und dem Party.San eine ähnliche Symbiose, wie zwischen den Bewohnern von Bad Berka und dem Party.San. Je näher man dort dem Gelände kam, desto mehr kleine Biergärten und Bratwurststände sah man in den Vorgärten. Wär clever war, hat sich jedes Jahr im Vorfeld mit Bier und Würstchen eingedeckt und hatte das gesamte Wochenende den Garten voller hungriger und durstiger Metalheads. Und das sah bisweilen echt niedlich aus, wenn gestandene Fans von Black und Death Metal auf karierten Bioerbänken zwischen Gartenzwergen saßen. Wenn die Schlotheimer mitdenken, dann werden sie es ihren Vorgängern nachmachen. Und dann ist die Stadt auch nicht mehr so tot.
Zufrieden ist Mieze mit der Premiere in Schlotheim. In einer ruhigen Minute kann ich dem Chef des Party.San ein paar Fragen stellen – denn ruhig ist nicht wirklich im Backstage. Bei Wind und Wetter gab es viel zu tun und so kann auch der Kopf des Ganzen erst Samstagabend mal kurz Luft holen. 9,000 Besucher sind es in diesem Jahr. 500 mehr als letztes Jahr. Bedingt durch den Umzug wurde mit weit weniger Besuchern gerechnet, aber der Aufwand und die Entscheidung umzuziehen, scheinen sich gelohnt zu haben. Die Fans halten dem PSOA die Treue. Und toppen die Besucherzahlen des durchweg matschigen Vorjahres auch noch. „Für ein Festival, das umzieht, wo man gemeinhin sagt, man hat Einbußen, ist das super“, so Mieze kurz vor dem Auftritt von Hail of Bullets.
Wie schwer ist eigentlich für eine Veranstaltung dieser Größenart eine Location zu finden?
Mieze: „Das ist schwer. Das ist schwer, weil wir ja auch Vorkenntnisse haben und verschiedene Ansprüche gestellt haben. Wir sind hier sehr zufrieden mit der Location., aber infrastrukturell mit Zu- und Abwegung ist es nicht optimal.“
Was geht einem Veranstalter durch den Kopf, wenn kurz vor Einlassbeginn das Bühnendach abhebt?
Mieze: „Wie bekommst du das Bühnendach wieder drauf? Jeder, der mich hier gesehen hat, muss bemerkt haben, dass ich sehr angespannt gewesen bin. Und man muss sich dann mal kurz hinsetzen und alle Szenarien durchspielen, was dann geht. Es waren alle einfach zu aufgeregt in dem Moment und jeder ist in Aktionismus verfallen, aber zum Teil ohne Sinn und Verstand. Der Schaden, der verursacht wurde an der Bühne, ist durch ungelenke Rettungsversuche passiert. Die Bühne hatte keinen Schaden – außer 26 Gurten, die zerrissen waren.“
Warum sind Taake zurückgekehrt zum Party.San? Ihr habt sie ja vor einigen Jahren aus dem Billing genommen.
Mieze: „Das war vor vier Jahren. Damals haben wir sie rausgeschmissen wegen diesen Vorfällen in Essen. Hoest hatte sich reichlich erklärend in allen Magazinen dazu geäußert. Und hat sich auch im Nachhinein sehr häufig davon distanziert, dass das für ihn ein Alkoholunfall gewesen ist. Er dachte, dass das am meisten provozieren kann hier in Deutschland. Das hat er ja auch genau richtig eingeschätzt, mit einem Hakenkreuz auf der Brust vorzulaufen. Das war auch das einzig Sinnvolle, was er in einem Interview dazu gesagt hat. Und wir dachten uns, wenn wir das nochmal machen wollen würden, dann muss er sich von der gesamten rechten Szene distanzieren. Und das hat er gemacht vor eineinhalb Jahren im Hammer-Interview. Er wurde plötzlich instrumentalisiert von den Nazis und er hat dort klipp und klar gesagt, dass die ihn mal am Arsch lecken können. Er ist definitiv ein schwieriger Mensch. Ein nihilistischer Black Metaler, aber kein Nazi. Damit will er auch nichts zu tun haben.“
Und damit war der Weg wieder frei.
Mieze: „Die Band ist gut. Musikalisch war das für mich schon immer super. Ich hab es heute leider nicht sehen können, aber ich hab ja irgendwann mal eine DVD, wo ich es mir angucken kann.“
Einen Leckerbissen wird es später neben Taake und anderen Topacts wie Watain auch auf DVD noch geben: Der Auftritt von Morbid Angel am Freitag ist der einzige Livemitschnitt, den es in diesem Jahr von der Band gibt. Bei keinem anderen Konzert waren Filmteams zugelassen. Somit ist auf der dann folgenden Live-DVD eine echte Rarität zu sehen.