Prag in Erfurt
Chansons im DasDie Brettl
01.06.2013 [db] Kennt ihr das? Ihr seht eine Band und denkt euch, dass ihr den Sänger irgendwo her kennt? Der Bassist kommt euch bekannt vor oder aber es wird offensiv damit geworben, dass man den oder die Eine aus der Band ja mit Sicherheit irgendwoher kennen muss, weil er oder sie bereits durch Schauspielerei aufgefallen ist. Kommt euch bekannt vor? Anna Loos macht es. Jan Josef Liefers macht es. Heiner Lauterbach hat es auch versucht. Genauso Uwe Ochsenknecht und Ulrich Tukur. Unvergessen für meine Gehörgänge wird Jeanette Biedermann bleiben. Sie sind in erster Linie Schauspieler und wollen es dann doch noch mal wissen. Das kann doch nicht alles gewesen sein, könnte man sich in ihre Gedankenspiele phantasieren. Das muss es doch noch ein großes Unbekanntes geben, eine Herausforderung. Warum dann eigentlich jeder auf das kreative Ventil Band zu kommen scheint, ist mir schleierhaft. Aber der Ruhm und Glamour der Bühne ist dann doch verlockender als wöchentliche Klöppelkurse oder das Pflegen eines Gemüsebeetes.
Ob Nora Tschirner so dachte entzieht sich meiner Kenntnis. Aus ihrer Entscheidung, neben der Schauspielerei nun auch noch Musik unters Volk zu bringen, wuchs aber etwas erstaunlich Charmantes heran. Ihre Band „Prag“ ist so verschroben wie süß, so musikalisch leicht wie erheiternd und abendfüllend unterhaltend. Also darf sie das, von mir aus.
Bei singenden Schauspielern oder eben schauspielernden Sängern fällt mir immer das ur-amerikanische und beste Negativbeispiel überhaupt ein: Jennifer Lopez. Eine Frau, die weder das eine noch das andere kann, aber die Weltöffentlichkeit seit Jahren mit unerträglich hölzernem Schauspiel und quietschendem Gesang begeistert. Ich habe also Schlimmes erwartet, als ich an diesem Abend ins DasDie Brettl in Erfurt kam. Eben noch hatte ich auf dem Domplatz Peter Maffay gesehen und nun stand ich im Saal mit Tischreihen, an denen ganz gediegen gegessen und getrunken wurde. Dazu eine in rotes Licht getauchte Bühne und der Hauch von Berliner Hipster über allem. Erik Lautenschläger, Tom Krimi und Nora Tschirner spielen sich mit Prag in die Ohren schunkelwilliger Avantgardisten. Charmant. Leicht. Locker. Mit einem wohlklingenden Namen am Bass.
Was das Trio mit dem kleinen Kammerorchester dann live auf der Bühne vollbrachte war phantastisch und erlebenswert. Allein der Anblick einer hochschwangeren Tschirner, die sich leichtfüßig ins Publikum watschelte, um dort Salzstangen zu mopsen, war den Eintritt wert.