Schock im Interview: Stillstand ist der Tod.
12.12.2009 [db] Gothrock-Bands gibt es wie Sand am Meer. Da braucht es schon mehr als effektvolles Make Up und übersteuerte Boxen, um aus der Masse herauszustechen. Am vergangenen Wochenende gab eine Band in Erfurt ein beinahe privates Konzert. Vor einem recht überschaubaren Publikum spielten sie im Domizil. Dabei sind sie durchaus auch die großen Bühnen gewohnt, wie die des WGT oder des M’era Luna. Doch ruhig blieb es an diesem Abend nicht. Denn: Schock rocken. Schock lassen die Bühne beben und reißen dich mit. Das liegt nicht nur an ihren Songs, sondern auch an Frontmann Michael Schock, dem das gewisse Fünkchen Wahnsinn inne wohnt, dass man braucht, um Songs zum Leben zu erwecken. Jetzt gaben mir Sänger Michael und Gitarrist Lars ein Interview:
[a]live: Die wichtigste Frage zu Beginn: Sind die Weihnachtsgeschenke schon gekauft, eingepackt und mit Schleifchen versehen?
Lars: Bis jetzt hab ich nur ein paar Kleinigkeiten besorgt, das dauert bei mir immer bis kurz vor Heiligabend.
Michel: Ein Gefühl der Leere erfüllt mich.
[a]live: Ihr versprüht on Stage nicht gerade den Charme einer Schülerband. Bei euch geht es richtig ab. Wenn Michael am Bühnenrand rumtanzt und rumspringt, seht ihr ihn da manchmal vor eurem geistigen Auge im Graben landen?
Lars: Eigentlich immer. Aber bis jetzt bot sich dieses Ereignis uns und dem Publikum erst einmal. Eine vergnügliche, spontane Abwechslung ohne gesundheitliche Schäden.
Michel: Ich glaube das ist bei mir wie bei Besoffenen und kleinen Kindern. Der Herr hat offenbar ein Auge auf mich und straft mich lediglich mit Hämatomen. Mögliche Spätfolgen klammern wir jetzt mal aus.
[a]live: Wie erlebt ihr euch selbst als Band, wenn ihr ein Konzert gebt?
Michel: Wir spüren auf der Bühne eine sehr enge Verbindung. Jeder weiß, das ist der Moment, für den wir das alles machen, vielleicht sogar leben. Es funktioniert nur als geschlossene Einheit, in der jeder über seine 100 Prozent geht und sich fallen lässt. Für mich Erfüllung.
[a]live: Gibt es für euch einen Unterschied zwischen großen Gigs wie auf dem M’era Luna und kleinen Clubkonzerten?
Lars: Nur, dass die Bühne größer ist und wir mehr Platz haben zum rocken – lächelt. Egal ob 20 oder 2.000 Leute vor der Bühne stehen, wir geben immer alles.
Michel: Die großen Gigs sind natürlich Highlights, können aber dennoch nicht den Charme, das Intime und Spontane einer Clubshow überstrahlen. Ich glaube, ich hatte mein intensivstes Konzert vor 20 Leuten. Noch intimer geht eigentlich nur beim swingen.
[a]live: Strahlt der Teil des Künstlers, der Teil von euch, der in der Band ist, in euer Alltagsleben hinein – oder gibt es da eine klare Grenze?
Lars: Der Künstler bleibt auf der Bühne, aber geplant und organisiert wird auch von zu Hause.
Michel: Also ich bin auch zu Hause gespalten.
[a]live: Wie verkraftet man als Band häufigere Wechsel im Line Up? Bis die Sticks Mirco erreicht haben, gingen sie durch einige Hände. Verändert man sich als Band, wenn jemand Neues hinzustößt oder jemand geht?
Lars: Es ist immer wieder eine Umstellung wenn jemand neu in die Band kommt. In unserem Fall waren es in den letzten Jahren vor allem Schlagzeuger, die neu in die Band kamen und wenn man die alten Songs spielt, fühlt sich das bei jedem ein klein wenig anders an und man muss sich erst wieder auf einander einlassen.
Michel: Ich bin sehr stolz, dass wir es überhaupt verkraftet haben und uns nun nach all der Zeit wieder als Einheit präsentieren können. Eine sehr belastende und auszehrende Phase in unserer Bandgeschichte.
[a]live: Warum sind die dunklen Seiten des Lebens oft so viel schöner zu besingen?
Michel: Weil sie mich berühren, in mir und in uns allen Verborgen sind. Jeder trägt irgendwo seine Ängste und Unsicherheiten versteckt in sich und wenn diese Überhand nehmen, läuft man Gefahr daran zu ersticken. Ich habe das Glück, Songs schreiben zu dürfen. Eine Art Therapie, ohne eine Krankenkasse zu belasten. Auch ein dunkler Song kann für wenigstens vier Minuten dein Leben schöner machen.
[a]live: Von wem lasst ihr euch musikalisch beeinflussen?
Lars: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, jeder von uns hat einen anderen Musikgeschmack und so kommen viele Einflüsse in die Band. Wenn ich eine Idee habe, setze ich mich mit der Gitarre an den PC und zeichne sie auf. Am Schluss kommt dann oft was ganz anderes raus als ich anfangs wollte.
Michel: Unbewusst wahrscheinlich von allem, was mich emotional berührt.
[a]live: Das Songwriting für eure neue Platte scheint abgeschlossen. Wann kann man mit dem neuen Schock-Album rechnen?
Lars: Das stimmt soweit, wir haben ein ordentliches Paket von Demosongs fertig, müssen diese aber nochmal im Studio einspielen. Ich denke, wenn alles klappt, gibt es das neue Album im Sommer oder Herbst 2010.
[a]live: Und vor allem – was kann man erwarten?
Lars: Als Musiker will man sich immer verändern und versucht seinen ultimativen Sound zu finden, deshalb experimentiert man und versucht neue Einflüsse und Stile einzubringen. So war es auch diesmal. Dennoch denke ich sind wir unsern Wurzeln treu geblieben, man darf gespannt sein – lächelt.
[a]live: Werdet ihr das wieder im Eigenvertrieb managen oder ist ein Label in Aussicht?
Lars: Wir stehen in Verhandlung mit einem Label, eine Entscheidung gibt es natürlich erst, wenn das Album fertig produziert ist.
Michel: Leider sind die heutigen Labelverträge oftmals unattraktiver als eine Teilnahme an einer Nachmittagstalkshow. Natürlich suchen und hoffen wir auf einen passenden Partner, aber lange nicht mehr um jeden Preis.
[a]live: Zwischen „Glamour“ (2003) und „Halt Still“ (2008) lagen fünf Jahre, dieses Mal scheint ihr auf den Turbo zu drücken. Wie kommt es? Ihr seid ja nicht ausschließlich SCHOCK, ihr geht ja auch einem Alltagsleben nach. Wie viele Stunden hat euer Tag?
Lars: Leider auch nur 24 Stunden, obwohl es oft mehr sein könnten – lacht. Der Zeitraum von fünf Jahren war recht groß. Dieses Mal wollen wir etwas schneller sein…
[a]live: Wenn eurer neues Album released wird, geht es sicherlich wieder auf Tour. Wie lässt sich da eigentlich die Balance zwischen Job, Privatleben und Band finden?
Lars: Mit dem Job ist das schon manchmal etwas schwierig, aber Privatleben und Band verschmelzen doch sehr mit einander, da wir ja auch gute Freunde sind. Außerdem sind unsere Familien sehr verständnisvoll und unterstützen uns wo sie können.
[a]live: HALT STILL, WENN DU KANNST. Mal im Ernst: Wollt ihr das wirklich?
Michel: Wir mussten 5 Jahre still halten und konnten es auch nicht. Stillstand ist der Tod. In diesem Sinne: hoffe, ihr kommt mal bei unseren Konzerten vorbei. Und versucht ruhig still zu halten.
Vielen Dank.
Michel: Auch Dir.
SCHOCK sind:
Michael Schock – Gesang
Mirko “Micro” Ertmer – Drums
Matthias “Schnieder” Schneider – Bass
Matthias “Xaver” Fahrig – Gitarre
Lars Buchenau – Gitarre
Jetzt seid ihr dran. Wir verlosen zwei Mal das aktuelle Album „HALT STILL“. Mehr dazu erfahrt ihr hier.