Silbermond reisen mit „Leichtem Gepäck“
Fangesang für die Nachbarn aus Bautzen
16.05.2016 [nm] An diesem Abend strecken tausende Menschen gleichzeitig die Hände in die Luft, um eine junge Frau von der Mitte der Halle auf die Bühne zu tragen. Während die Gitarrenseiten klirren, die Drums krachen und der Rest der Masse in einen nicht enden wollenden Jubelsturm ausbricht. Da sind in der Erfurter Messehalle nicht etwa die letzten pulsierenden Momente eines Rockkonzerts angebrochen. Das ist erst der Auftakt! Silbermond sind nach drei Jahren Schaffenspause mit „Leichtem Gepäck“ zurück.
Mehr als 17 Jahre Bandgeschichte liegen hinter den vier Sachsen. Längst haben sie sich von der einstigen Schülerband aus Bautzen zu Chartstürmern in Deutschland, Österreich und der Schweiz entwickelt. Nach über fünf Millionen verkauften Tonträgern und zwei Nummer eins Hits haben sie das WG-Leben auf 36 Quadratmetern in Berlin gegen einen geräumigen Tourbus eingetauscht. Frontfrau Stefanie Kloß hat es sogar als Coach zu The Voice geschafft.
Nach vier Alben war es ruhig geworden um die Senkrechtstarter. In diesem Frühling haben sie sich mit ihrem Song „leichtes Gepäck“ aber wieder einen Stammplatz in der Playlist der Radiosender des Landes gesichert. Mit Songs aus dem gleichnamigen neuen Album und ihren bekanntesten Hits machten sie nun Tour-Halt in Erfurt.
Wenn man sieht, wie Andreas Nowak bei „Indigo“ mit den Drumsticks herumwirbelt, während die Meute mit ausgestreckten Händen um die Wette klatscht. Wenn man sieht, wie das Energiebündel Stefanie Kloß zu „Das Leichteste der Welt“ mit Tränen in den Augen und zitternder Stimme um das nächste Wort kämpft. Wenn man sieht, mit wie viel Spaß Johannes und Thomas Stolle samt ihrer Gitarren neben ihren Bandkollegen zu „Mehr Sein“ auf dem großen Steg mitten in der Halle spielen, während bunte Lichter über ihre Köpfe zucken und sich die Messehalle kurzerhand in eine Musikarena verwandelt. Wenn man sieht, wie die Nachbarn aus Sachsen mit ihren Fans aus Thüringen lachen und weinen, singen und schweigen, tanzen und verstummen, dann will man gar nicht darüber nachdenken, dass Silbermond eine Zeit voller Selbstzweifel plagten und die vier Freunde nach eigenen Aussagen in Interviews der letzten Wochen ernsthaft daran dachten eine Zeit lang getrennte musikalische Wege zu gehen.
Als dann bei Hits wie „Irgendwas das bleibt“, „Symphonie“ oder „Krieger des Lichts“ das Publikum im Chor einfach weitersingt, obwohl kein Ton mehr aus den Boxen hallt. Dann ist klar: Silbermond sind zu Recht eine der bekanntesten und erfolgreichsten Rock-Pop-Bands unseres Landes. Ihre deutschsprachigen, tiefgründigen und gefühlvollen Songs gehen direkt unter die Haut. Mal nachdenklich und politisch mit „Weiße Fahnen“ oder mit einer ordentlichen Portion Herzschmerz in „Durch die Nacht“ – Silbermond singen was sie denken und fühlen und sie treffen damit den Nerv ihrer Generation.
Nach erfolgreichen Jahren und Alben ist ihre Musikgeschichte noch lange nicht zu Ende geschrieben. Ja, es scheint fast so, als ginge es jetzt erst richtig los. Alles noch einmal auf Anfang und volle Kraft voraus. Silbermond haben den Ballast abgeworfen. Sie sind reifer geworden. Ihre Texte sind noch mutiger als früher. Das musikalische Quartett reist nun mit „leichtem Gepäck“ endlich wieder quer durch Deutschland. Ihre Liebe zur Musik ist noch immer ansteckend. In Erfurt singen ihre Fans an diesem Abend minutenlang und immer wieder im Chor. So kraftvoll und berührend zugleich, dass Stefanie schließlich mit Tränen in den Augen in die Menge ruft: „Vielen Dank für solch schöne Momente. Ihr seid unglaublich, euch könnte ich stundenlang zuhören.“ Mag man der Sängerin glauben, war diese Situation eine der bewegendsten dieser Deutschlandtour. Auf der Facebook-Seite der Band steht einen Tag nach dem Konzert „Erfurt, ihr seid Extraklasse.“ Wollen wir hoffen, dass es in den nächsten Jahren noch viele solcher Gänsehautmomente mit Silbermond gibt.