Mach hin, ich muss noch singen!
VNV Nation spielten am 17. September 2011 vor ausverkauftem HsD in Erfurt
17.09.2011 [db] „Gott sei fucking Dank“, waren die ersten Worte von Ronan Harris, als er am Samstagabend die Bühne des HsD betreten und einen Blick ins Publikum geworfen hatte. VNV Nation gaben binnen zwei Jahren das zweite, ausverkaufte Konzert in Erfurt. Fully Automated – so der Titel der Tour. Am Tag vor dem Erfurter Konzert erschien das neue Album „Automatic“ – gerade rechtzeitig für alle Fans, die sich einen Tag später auf den Weg nach Erfurt machten, um die Innenstadt schwarz einzufärben. VNV Nation sind eine Instanz – wenn das irisch/britische Duo zum Tanz lädt, dann folgen ihre Fans in Scharen. Angesichts der Tatsache, dass VNV Nation enormen Zulauf haben, hätte man das Konzert auch in eine größere Venue verlegen können. Die extremst kuschelig, heiße Atmosphäre im überfüllten Gewerkschaftshaus hatte mir schon beim Konzert 2009 nicht sonderlich zugesagt. Der Stadtgarten wäre eine gute Alternative gewesen. Die Fans schien es aber nicht zu stören. Für einen Abend mit VNV Nation nimmt man dann auch die ein oder andere Schweißperle in Kauf.
Bei der Auswahl des Support Acts hatten VNV Nation beim letzten Mal ein besseres Händchen – damals wurden sie von Rotersand und Frozen Plasma unterstützt. Straftanz, die dieses Mal das Warm Up übernahmen, waren nicht ganz so ideal gewählt. „Tanzt kaputt, was euch kaputt macht“ – nach den ersten drei Songs folgte ich dem Strom der Konzertbesucher nach draußen. Das Danceprojekt aus dem Ruhrpott wird seinem Namen nur bedingt gerecht. Wirklich zum Tanz aufraffen konnte sich gegen 20Uhr noch keiner der Anwesenden. Rauchen schien da viel interessanter. Schlagartig leer wurde es vor dem HsD, als im Inneren der Countdown auf der Bühne begann. Ab den ersten Takten gab es im Publikum kein Halten mehr. Harris freute sich darüber: „Ausverkauft heute! Wie habt ihr das gemacht?“ Ein neues Album hätten sie dabei und viele neue Songs zum tanzen. Vorher musste er aber ein kleines Zwischenspiel mit unserem Fotografen einbauen – an diesem Abend der einzige Pressefotograf vor Ort, wo ich mich dann wieder fragen muss, wie blind die Thüringer Medienlandschaft für die Schwarze Szene ist. „Du willst ein Foto von mir machen?“ – Harris schmeißt sich in Pose: „Mach hin, ich muss gleich singen!“ Danach geht es Schlag auf Schlag mit alten und neuen VNV Nation-Stücken durch die Nacht. VNV Nation liefern einen unnachahmlich fetten und satten Sound, den ihn kein Nachwuchs-Future-Pop-Projekt so einfach nachmachen kann. Die Szene-Veteranen werden da besser, wo der Nachwuchs schwächelt. Der Zuspruch für kleine EBM-Events hält sich in Grenzen, das mag nicht nur am mangelnden Innovationsgeist der Bands liegen. Ihnen fehlt auch das Charisma, die Erfahrung und die Wucht eines Projektes wie eben VNV Nation. Von wegen „automatic“ – mechanisch ist anders. Ronan Harris und Mark Jackson wissen, wie man einen Club in einen bebenden Dancefloor verwandelt. Hut ab.