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Amphi Festival 2015

Von Unwetterwarnungen, großen Veränderungen und kleinen Hindernissen

26.07.2015 [sh] Das Amphi-Festival ist neben dem WGT und dem M’era Luna ein ebenfalls fester Bestandteil des Gothic-Festivalkalenders. Am letzten Juliwochenende war es wieder soweit. Tausende Anhänger der Gothic-, EBM- und Elektrorockszene pilgerten nach Köln und in der Rheinmetropole wurde es düster. Während man Schnapszahlen ein gewisses Glückspotenzial nachsagt, hatte die 11. Ausgabe des Amphi-Festivals dennoch mit einigen Hindernissen zu kämpfen. Der bisherige Veranstaltungsort, der Kölner Tanzbrunnen, gelangte mehr und mehr an seine Kapazitätsgrenze und so blieb ein Umzug unvermeidbar. Mit Deutschlands größter Multifunktionsarena und dem angrenzenden Gelände sollte das Amphi neue Gefilde erklimmen. Besser, größer, schöner. Aber auch Befürchtungen machten die Runde. Kann das neue Areal wirkliches Festivalfeeling aufkommen lassen? Es ist schon richtig, das Flair des Tanzbrunnen fehlt der Arena. Das Tanzbrunnengelände, der Strand und der einmalige Blick über den Rhein auf den Dom haben das Amphi immer wie ein kleines Paradies, ein Stück Urlaub wirken lassen. Zu allem Pech, wurde die Premiere im Amphi Eventparks durch Unwetterwarnungen getrübt. Während jedoch im Umkreis alle Open Air Veranstaltungen gecancelt wurden, durfte das Amphi lediglich das gesamte Außengelände bis in die Abendstunden nicht nutzen. Doch trotz allem blieb das Gefühl, dass sich das schlechte Wetter auf die Stimmung der Anwesenden übertrug

Mit dem beliebten Eröffnungsevent „Call the Ship to Port“ shipperten ein limitiertes Besucherkontingent bereits am Freitagabend nicht nur dem Sonnenuntergang, sondern auch einem turbulenten Amphi Wochenende entgegen. Während am Samstag aufgrund überregionaler Unwetterwarnungen einige Open Air Veranstaltungen dem Sturm zum Opfer fielen, bot die neue Location, die riesige Lanxess Arena, den Amphi Besuchern Schutz vor den Witterungsbedingungen. Das Infield und die Ränge der Halle waren gut besucht, die Party- und Festivalstimmung jedoch ließ auf sich warten. Orientierungsprobleme in den Gängen, unbeschilderte und verschlossene Rangaufgänge führten zu langen Suchaktionen und so manch Einlassstopp sorgte bei den Anwesenden für Unmut. Aber Nichtsdestotrotz war die logistische Meisterleistung des Veranstalters in dieser Ausnahmesituation lobenswert und verdient Respekt und Anerkennung. Mit der Kürzung und Verschiebung von Slots konnten zudem viele Künstler umdisponiert und das Rahmenprogramm zumindest in groben Zügen gerettet werden. Hierbei jedoch klar im Vorteil, wer ein Wochenendticket besaß und nicht auf einen Festivaltag beschränkt war.

Musikalisch bot sich ein breit gefächertes Programm. Die Münchner Gothic-Rocker Schöngeist verbreiteten dunkle Melancholie in dem sowieso schon tristen Samstags-Unwetterszenario. Chrom, Combichrist und Front 242 pusteten mit kräftigen Eletrobeats die Ohren frei. Die Absage des Eisbrecher Soloprojektes Wesselsky ließ einige enttäuschte Fans zurück, die hierfür eingesprungenen Horrorpunker The Other allerdings, mischten den Saal gehörig auf und es wurde endlich so etwas wie Stimmungspotential erkennbar. Bands wie The Crüxshadows, The Birthday Massacre, Stahlmann, Darkhaus und Oomph! lieferten ein makelloses, energiegeladenes Set ab und heizten der Menge richtiggehend ein. Erk Aicrag, Frontmann von Rabia Sorda, fegte über die Bühne wie Speedy Gonzales, während der Keyboarder Grigory Feil sein Keyboard kunst- wie auch eindrucksvoll zerlegte. Agonoize bescherten der Bühnencrew im Vorfeld umfangreiche Sicherungsmaßnahmen. Die umliegende Technik sowie der Bühnengraben verschwanden unter riesigen Planen. Auch die Fotografen legten ihren Kameras Schutzkleidung an, zogen sich selbst Capes über oder kamen ganz und gar gleich Oberkörperfrei. Sänger Chris lieferte anschließend eine martialische Bühnenshow und ließ das Kunstblut reichlich fließen. Kein Blut, aber dafür reichlich Energie brachten The Creepshow auf die Bühne und ließen jegliche Tristesse vergessen. Den Kanadiern war ihre Spielfreude anzusehen, anzumerken und übertrug sich auf das nun euphorische Publikum. Euphorie und Gänsehautfeeling brachten auch die Headliner des Wochenendes And One und VNV Nation unter die Anwesenden. Klatschen, Mitsingen und ein unendliches Meer aus Lichtern sorgten letztendlich für freudig zufriedene Gesichter bis in die letzten Reihen und Ränge und somit auch einen gelungenen Festivalabschluss.

Das umfangreiche Outdoor-Händlerareal wurde erst am Sonntag ersichtlich, ebenso wie das breit gefächerte lukullische Nahrungsangebot. Während man sich am Vortag in der Arena auf Burger, Pommes und Nudeln beschränkt sah, standen Tags darauf vermehrt vegane und vegetarische auf dem Speiseplan. Auch wurde versucht, mit Liegekissen ein wenig Relaxstimmung aufkommen zu lassen, jedoch holten die vorbeischiebenden Massen einen relativ fix in das hektische Fesivalgeschehen zurück. Ein wenig mehr Entspannungsplätze abseits der Bühnen und des Besucherstromes wären hier hilfreich.

Alles in allem war es trotzdem ein tolles Wochenende. Bei guter Musik traf man Freunde und lernte neue Leute kennen. Frönte seiner Einkaufswut bis zum Exzess und entfloh dem grauen Alltag. Zudem bot die Arena in ihrer Weitläufigkeit ein umfangreiches sportliches Workout. Der teils heftige Muskelkater war noch Tage im Nachhinein spürbar. Es wird noch ein Stück Arbeit sein, das neue Festival Gelände mit Atmosphäre zu füllen. Das Potenzial kann man dem Amphi-Eventpark jedoch nicht absprechen, auch wenn es bedeutet, dass das einmalige Flair des Tanzbrunnens Geschichte ist. Der diesjährige Premierelauf zeigte Probleme auf, die im kommenden Jahr bei der Planung berücksichtigt werden können. Nichts ist von Beginn an perfekt, man kann nur lernen, verbessern und umsetzen. In diesem Sinne freuen wir uns auf das kommende Jahr, wenn das Amphi Festival zu seiner 12. Auflage einlädt.

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