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Unzucht hält Einzug in Hannover

Himmel und Hölle geben sich ein Stelldichein

29.10.2015 [ft] Die Unzucht ist auf „Venus Lucifer“ Tour. Wie bitte? Wer? Unzucht? Ist das nicht das mit dem Sex? Fix die Suchmaschine angeworfen und Ja ist es! Aber es folgen weitere Treffer. Zudem ist es auch eine im Jahre 2009 gegründete Hannoveraner Band. Huch, wie konnten die nur an mir vorbei gehen? Nun heißt es reinhören und einen Überblick verschaffen. Gut gemachter Darkrock mit emotionalen Texten. Na gut, dann lernen wir mal etwas Neues kennen. Also unzüchtiges Höschen angeziehen und los!

Supported werden die niedersächsischen Unzüchtigen von Erdling. Vor meinem inneren Auge sehe ich wiederum Fragezeichen. Aber auch hierzu kann man die gewünschten Informationen kurzerhand abrufen. Die beiden Ex-Stahlmänner Nils „Neil“ Freiwald und Niklas Kahl gründeten Erdling Ende 2014, blieben aber dem Neue Deutsche Härte Sound treu. Sie singen von Naturgewalten, Gefühlen und Albträumen und haben gerade ihr erstes Album „Blitz und Donner“ auf dem Markt gebracht. Das ging fix, bedenkt man, dass es sie doch gerade ein knappes Jahr gibt. Ich kenne Bands, die deutlich längere Arbeitsprozesse haben, bis es zur Veröffentlichung des Erstlingswerkes kommt.

Ich gestehe, ich gehe nicht ganz vorurteilsfrei in dieses Konzert. Bands der Genres Darkrock und Neue Deutsche Härte gibt es zu Hauf und wie man es aus der Massenproduktion kennt, ist diese leider nicht immer gut. Aber ich lasse mich sehr gern überraschen und eines Besseren belehren. Man mag es kaum glauben, auch ich bin lernfähig.

Hannovers Gothicszene gibt sich ein „Stelldichein“ um bei einem Heimspiel ihrem Lokalpatriotismus zu frönen und einen der ihren zu feiern. Das Musikzentrum ist gut gefüllt. Ich könnte jetzt diverse Klischees über Gothics ansprechen. Hier werden sie erfüllt, schwarze Kleidung, Undercuts, Ringe, Nieten und Kajalstift, soweit das Auge reicht. Die Fangemeinden passen schon einmal und vermischen sich. Es gibt blutbefleckte Laken, Banner mit Nebelwäldern, blutverschmierte Engel mit Hörnern und große Gesten. Das Publikum ist durchzogen von Unzucht-Shirts. Die erste Reihe gespickt mit süßen, jungen Frauen. Jungs ich würde sagen, ihr habt alles richtig gemacht. Hannover feiert seine Idole wirklich gut. Erdling wirken routiniert, souverän und legen mit ihrem groovenden Sound ordentlich vor. Ihre Texte werden sicher mitgesungen und am Ende erhalten sie gebührenden Applaus.

Unzucht werden in der Umbaupause sehnlichst von ihrer Fangemeinde erwartet. Diese haben sie sich, mit vielen Konzerten und drei Studioalben in nur fünf Jahren, hart erspielt. Davor habe ich großen Respekt! Als Frontmann Daniel Schulz die Bühne betritt, gibt es kein Halten mehr. Dies ist eine in Hannover selten gesehene Extase und das noch vor dem ersten Ton! Mit dem Opener „Wir sind das Feuer“ wird das Musikzentrum sogleich in Brand gesteckt. Alles was nun folgt, dient der Befeuerung und Verwandlung des Saales in einen Hexenkessel. Lucifer wäre neidisch, ob des entfachten Höllenfeuers und Venus zieht sich schon einmal heimlich das Nonnenkostüm über. Ich bin völlig überrascht! Die vier Jungs von Unzucht bieten eine gute Show und ihre Setlist gestaltet sich abwechslungsreich. Die Fans feiern ihre Idole, singen textsicher mit und folgen bereitwillig und euphorisch allen Anweisungen des charismatischen Frontmanns.

Die Band ist gut aufeinander eingespielt. Kleine Schwächen der Technik werden gekonnt überspielt. Unzucht spielen mit szenetypischen Elementen. Daniel Schulz ist für die Show verantwortlich, der Mikrofonständer ein beliebtes Accessoires. Zudem begeistert er mit Sprüngen, unbändiger Leidenschaft und viel Energie. Die Band ist authentisch und sympathisch. Zwischen all den harten Klängen, kommt auch der Kuschelfaktor nicht zu kurz. Sie liefern handfesten Darkrock und der Zuschauer bekommt ein sehr gutes Konzerterlebnis für sein Geld. Daran kann sich so manch Großer der Szene eine gewaltige Scheibe abschneiden!
Ein Wermutstropfen hat das ganze jedoch für mich. Und das ist meine ganz persönliche Meinung! Ich bin Fan von Musikern, die man auf der Bühne sieht und suche auf eben solcher das Keyboard, welches den sphärischen Rahmen der Songs gestaltet und die 2. Gitarre, die ich doch so deutlich immer wieder höre. Nennt mich altmodisch, aber ich habe immer ein wenig Probleme damit Instrumente zu hören, die ich nicht sehe. Das ist jedoch nur meine eigene bescheidene Meinung!

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass sich hier zwei junge Bands mit viel Potential präsentierten, die sicherlich noch einen guten musikalischen Weg beschreiten werden. Sie haben mich positiv überrascht und sowohl musikalisch, als auch persönlich eine sehr gute und handfeste Show geliefert. Vielen Dank dafür.

Gastredakteurin: Florentine Thiér

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