Stoned From The Underground – 10th anniversary
Garcia plays Kyuss, Peter Pan Speedrock, Brant Bjork uvm. bewiesen: Die Wüste lebt!
11.07.2010 [db] Stonerrock ist der Sound des Sommers schlechthin. Die brütende Hitze am Alperstedter See verleitete die meisten Besucher des Stoned From The Underground jedoch erst einmal zu einem Sprung ins Wasser. Bei unserer Ankunft sahen wir etliche, die ins kühle Nass sprangen und dann mit Handtuch bewaffnet den Weg ins Festivalzelt antraten, wo die polnische Band Luna Negra mit herrlichem laid back Stoner das Wochenende eröffnete. Die einen lagen im Gras und genossen, die anderen gingen schon voll auf und wiegten sich im Rhythmus. Lächelnde Gesichter, entrückte Blicke – schon bei der ersten Band. Das hat uns im letzten Jahr schon am Stoned From The Underground fasziniert. Hier wird echt vom ersten Griff in die Saiten an mitgegangen. Da gibt es keine Warm Up-Phase. Faszinierend. Während Luna Negra sich noch vor einer Handvoll Leute ankündigten, war das Zelt gegen Ende ihres Gigs schon gut gefüllt. Das Festival war ausverkauft, seit Wochen. Über 2.000 Besucher tummelten sich auf dem Gelände. Mit einem Headliner, der jedem Stonerfan das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, war das kein Wunder. John Garcia himself hatte sich angekündigt. Der Mann, der mit seiner Band Kyuss in den 1990ern den Wüstenrock begründete und maßgeblich beeinflusste, würde an den See kommen und performen. Im Februar dieses Jahres wurde bekannt, dass er gemeinsam mit Bruno Fevery (Gitarre), Jacges de Haard (Bass) und Rob Snijders (Drums) unter dem Namen „Garcia plays Kyuss“ live auftreten würde. Auch sein ehemaliger Bandkollege Brant Bjork würde mit seiner gleichnamigen Band das internationale Line Up des Stoned From The Underground noch reizvoller machen. Dazwischen „Exoten“ wie Peter Pan Speedrock und jeder Menge weiterer Acts wie Ufomammut oder Weedeater würden das 10jährige Jubiläum eines einzigartigen Festivals wohl zu einer runden Sache machen.
Doch längst nicht jeder hatte sich wegen der Bands ein Ticket gekauft. Ein junger Kerl antwortet mir auf die Frage, wegen wem er da sei: “Keine Ahnung, ich kenn mich damit überhaupt nicht aus. Und wenn ich weg fahre, habe ich auch nicht mehr Ahnung. Aber weisste was, das hat letztes Jahr auch schon funktioniert.” Am Ende ist es die saugeile Stimmung. Jede Band hat ihr Publikum. Hier muss sich wirklich kein Künstler „beschweren“. Das Publikum des Stoned From The Underground kennt keine Scheu und weiß „ihre“ Musik zu würdigen. Man fühlt sich ein wenig in der Zeit zurück versetzt. Sowohl das Miteinander hier als auch die Art und Weise, wie man das Festival als Ganzes genießt, erinnern doch sehr an die blumigen 1970er. Während die Masse der Besucher zu den Bands des Eröffnungstages dicht gedrängt im Zelt stand und sich begeistern ließ, lag der Rest neben und hinter dem Zelt im Gras und hörte mit geschlossenen Augen zu. Der Freitag gehörte Luna Negra, Samsara Blues Experiment, Kongh, Winnebago Deal, Yawning Man, Peter Pan Speedrock und vor allem Garcia plays Kyuss. Von keiner anderen Band sah man so viele eintätowierte Schriftzüge im Publikum. Bei keiner anderen Band dampfte das Zelt so sehr, bei keiner anderen Band stapelten sich die Fans dahinter auf dem Hügel und darüber hinaus. Bei keiner anderen Band standen die Leute auf Bierbänken, um vielleicht doch noch einen Blick erhaschen zu können. Bei keiner anderen Band hörte man solche Sätze: „Kyuss! Kyuss ist Kyuss!“ oder “Kyuss war der Ursprung des Stonerrock, alles was danach kam, war nicht halb so cool wie der Sound dieser Band.” John Garcia – der wohl bekannteste Gürteltierpfleger dieses Planeten – war gut drauf: “One more? Haha, we don’t play that anymore.” Und sie taten es doch. Textsichere Fans, die jeden Song schon an den ersten Akkorden erkannten.
“Der Planet drückt ganz schön”, meinte ein Besucher aus der Nähe von Göttingen zu uns, als wir am zweiten Festivaltag am Tresen standen. Aber das sei ihm lieber, als die Schlammschlacht vom letzten Jahr. Mutti muss ja schließlich waschen und schlammige Klamotten geben nur Ärger. Wüstenwetter für Wüstenmusik, so sei es richtig. Stonerfans sind schon ein ganz besonderes Völkchen. Auch am zweiten Tag war das Zelt gleich bei der ersten Band The Machine voll. Man huldigt dem Sound, zelebriert und lebt ihn. Vor dem Zelt lief einer aus der Crew mit einem Wasserschlauch bewaffnet zwischen den Besuchern umher und spritzte jeden ab, der ihm vor den Schlauch rannte. Die Abkühlung ließ sich keiner entgehen. Auch unser Cheffotograf ließ seine heißgeliebte Kamera liegen, rannte in den Wasserstrahl hinein und kam nass, aber glücklich wieder. Später ging der Wassermann ins Zelt, schritt durchs Publikum und sorgte dort für Erfrischung.
Später traf ich den jungen Kerl von gestern wieder und fragte ihn, ob er seinen Stonerhorizont inzwischen erweitern konnte – er konterte: “Ich könnte dir die Frage beantworten, wenn ich mich anstrengen würde, aber im Moment beschränke ich mich darauf, nur hier zu sein.” Am Abend ging es noch einmal zurück zu den Wurzeln des Stonerrock – ein weiteres ehemaliges Bandmitglied der legendären Kyuss hat sich am Alperstedter See eingefunden: Brant Bjork. Der – einfach göttlich – Hohepriester des Hängematten-Grooves spielte als Höhepunkt des zweiten und letzten Tages eines Stonerfestivals, das seinesgleichen sucht, bevor sich das Stoned From The Underground mit den psychedelisch angehauchten Klängen von Ufomammut für diese Saison verabschiedete. Dieser herrlich verdrehte Ausdruck „Hängematten-Groove“ beschreibt es vielleicht am besten. Zwei Tage lang schwebt man auf einer basslastigen Klangwolke mit satten, tiefen Gitarrenriffs und scheppernden Drums. Zwei Tage lang bestimmt ein Groove, der nach Hitze schmeckt, das Bewusstsein jedes Einzelnen. Zwei Tage lang gibt es keine anderen Verpflichtungen als einfach nur da zu sein. Und so war es den beiden Fred Bienert und Manser am Ende sicherlich auch ein Bedürfnis, sich vor vollem Haus für ein gelungenes zehntes Stoned From The Underground bei Fans und Crew zu bedanken. Das Festival ist in seiner Form einzigartig und selbst als „Geheimtipp“ immens erfolgreich und bekannt. Der Underground bebt. Die Wüste lebt. Auf die nächsten zehn Jahre SFTU!
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Line Up: Freitag 09.07.2010
17.30 – 18.00 Luna Negra
18.20 – 19.00 Samsara Blues Experiment
19.20 – 20.00 Kongh
20.20 – 21.00 Winnebago Deal
21.20 – 22.00 Yawning Man
22.30 – 00.00 Garcia plays Kyuss
00.30 – 01.30 Peter Pan Speedrock
Line Up: Samstag 10.07.2010
15.00 – 15.40 The Machine
16.00 – 16.40 Highway Child
17.00 – 17.40 Firebird
18.00 – 18.40 Nightstalker
19.00 – 19.50 Saviours
20.10 – 21.00 Black Cobra
21.20 – 22.20 Weedeater
22.45 – 00.00 Brant Bjork
00.30 – 01.30 Ufomammut