Open Flair Festival 2016
Von einstigen Teenie-Bands, fliegenden Federn und crowdsurfenden Einhörnern
14.08.2016 [al] Da war es auch schon wieder vorbei, das Open Flair Festival. Zum mittlerweile 32. Mal wurde das beschauliche Eschwege Ziel vieler Musikliebhaber und somit für ein paar Tage um mehr als 20.000 Einwohner reicher. Das vermutlich familienfreundlichste Musik-Festival Deutschlands konnte einige Wochen vor Beginn “ausverkauft” verkünden. Kein Wunder bei dem LineUp und der gesamten Atmopshäre, die dieses Festival mit sich bringt.
Bereits am Mittwoch öffnete die Seebühne ihre Pforten. Mit den Donots als Überraschungsact und der Deutschpunk-Legende WIZO brachten sich die Besucher in Festivalstimmung und läuteten ein unvergessliches Wochenende ein.
Am Donnerstag drehte sich das gesamte Festival ebenfalls um die Seebühne. Die Berliner Band Kafvka verbreitete gute Laune und gab natürlich auch ihren Hit “Berlin, Berlin” zum Besten. Es folgten die Killerpilze, die vor gut 10 Jahren u.a. mit ihrer Single “Richtig scheiße (auf ‘ne schöne Art und Weise)” die Charts stürmten. Seitdem hat sich vieles getan und sie sind sicher bei einigen in Vergessenheit geraten. Es gibt kaum etwas schwierigeres für eine Band, als den Stempel “Teenie-Band” abzuwaschen. Aber den Killerpilzen ist das gelungen. Auf der Bühne stand eine ernst zu nehmende, junge Rockband, die sichtlich Spaß macht. Zur Freude der Fans, die mit der Band erwachsen geworden sind, wurden auch viele ältere Lieder gespielt. Mitten im Konzert wagte Sänger Jo den Ritt durchs Publikum. Auch ein riesiges weißes, aufblasbares Einhorn kam für ein Bad in der Menge zum Einsatz. T-Shirts wurden geschwenkt und auch die Security-Leute von der Heavy Secure Rocking Crew trugen zur guten Stimmung bei. Weiter ging es mit Das Pack und Le Fly. Letztere mussten verletzungsbedingt auf ihren Schlagzeuger verzichten. Eingesprungen war dafür ihr Percussionist. Die Kombo hatte von Anfang an für gute Stimmung gesorgt und das Publikum in Bewegung versetzt. Eine feste Instanz auf dem Open Flair sind die Monsters of Liedermaching. Sie hatten viele Klassiker im Gepäck, aber auch Songs vom neuen Album. Die wenig sommerlichen Temperaturen und auch der Regen am Abend taten der guten Laune keinen Abbruch.
So verregnet, wie der Donnerstag ausgeklungen war, fing auch der Freitag an. Aber das Wetter wurde besser und für den Rest des Wochenendes präsentierte sich Eschwege und das Open Flair bei bestem Festivalwetter. Nun öffnete auch das Hauptgelände am Werdchen die Türen. Wirtz, der bereits vor 2 Jahren auf dem Open Flair war, zog zu recht früher Stunde schon einige Fans zur Hauptbühne. Andy Frasco & The U.N. sorgten für ausgelassene Stimmung auf der Freibühne. So richtig voll wurde es bei Madsen. Kein Wunder, gehören sie doch seit Jahren zu den festen Größen in der deutschen Musiklandschaft. Das Open Flair ist zudem das von ihnen meist bespielte Festival. Die Kombination funktioniert. Spätestens mit Sum 41 war der Platz vor der Bühne so gefüllt, dass kaum noch ein Durchkommen möglich war. Ich wusste zwar, dass sie immer noch “irgendwie” Musik machen, hatte jedoch nicht erwartet, dass es so gut werden würde. Die Kanadier lieferten eine mitreißende Show mit eingängigen Punkrock-Songs. Einige ausgewählte Fans durften das komplette Konzert von der Bühne aus genießen. Das macht sie sympathisch. Mit der Queen-Hymne „We will rock you“ beschlossen sie ihr Konzert und tausende Fans bildeten einen textsicheren Backroundchor.
Den Abschluss des Abends bildeten für mich Parkway Drive. Wenn ich an diese Band und ihre Konzerte denke, denke ich vor allem an den energiegeladenen Frontmann Winston McCall und eine großartige Lichtshow. Auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht. Trotz etwas lichter gewordenem Publikum, herrschte noch immer eine euphorische Stimmung vor der Hauptbühne. Einige Fans harrten seit Stunden in der ersten Reihe aus und warteten gespannt auf den Auftritt der Australier. Es gab kaum ein Lied, bei dem nicht das Licht wechselte oder Feuerfontänen in die Luft schossen. Sichtlich begeistert stellte Winston McCall mitten im Konzert fest: “there are fucking trees in this festival”. Ja. Es ist schön hier.
Der Samstag wartete mit großartigen Künstlern auf. Den Auftakt machten Boysetsfire. Auch wenn ich mich von Band zu Band wiederhole, es war super. Voller Energie. Im Anschluss spielten Talco aus Italien. Spätestens als sie “Bella Ciao” anstimmten, hatten sie das Publikum auf ihrer Seite. Mit Bosse betrat mein persönliches Highlight die Bühne. Axel, von Freunden und Fans auch Aki genannt, und seine siebenköpfige Band brachten die Fans in Bewegung. Eröffnet wurde das Konzert mit “Du federst” in einer extra-extralangen Version mit Reggae-Einlage und Publikumsgesang. Genauso tanzbar ging es dann weiter mit “So oder so”. Akis T-Shirt war da schon komplett durchgeschwitzt. Wie immer hatte er von Anfang an alles gegeben. Gleich der dritte Song war dann schon “3 Millionen”. Das obligatorische Bad in der Menge durfte hier nicht fehlen. Leider verwehrte mir die sich überschneidende Running Order den kompletten Konzertgenuss und so folgte ich Jennifer Rostocks Aufforderung zum Tanz. Die Band um Powerfrau Jennifer Weist ist fast schon Garant für ein schönes Konzerterlebnis. Wenn sie auf dem Plan stehen, dann darf man jedes Mal auf’s Neue gespannt sein, wie knapp und bunt das Outfit ausfallen wird. An diesem Abend stand die Sängerin mit eingeflochtenen Zöpfen, Glitzerjacke und neonfarbenem Bikini auf der Bühne. Sicher nicht nur für Fotografen ein schöner Anblick.
Headliner des Abends waren die Fantastischen Vier. Auf die vier Herren aus Benztown freute ich mich besonders. Ihr Mitte der 90er erschienenes Album „Lauschgift“ lief in meinem Player Extrarunden. Seitdem hatte sich nicht nur mein Musik-Geschmack weiterentwickelt, sondern auch die Musik der Fanta 4. Umso gespannter war ich auf die Setlist und diese überraschte in Anbetracht der Vielzahl an Klassikern. Angefangen bei “Sie ist weg” zog es sich durch das Programm und so wurde Michi Beck zum “Picknicker”, bevor die Frage in den Raum geworfen wurde: “Was geht?”. Gemeinsam mit dem Publikum verbrachte man den “Tag am Meer”, bevor Thomas D. sein Shirt auszog, sich mit dem Rücken zum Publikum stellte und zum “Krieger” mutierte. Natürlich durften auch Hits wie “MFG” oder “Wir ernten was wir säen” nicht fehlen. Die Zugabe hielt eine Open Flair-Premiere bereit. Zwar mittlerweile zum 5. Mal in Eschwege, stellte man verwundert fest, dass man „Die Da“ noch nie zuvor hier gespielt hatte. Mit “Populär” schlug mein altes Fanherz wirklich höher. Ein toller Abend, der durch das alljährliche Feuerwerk über der Stadt einen würdigen Abschluss fand.
Am Sonntag war, wie üblich, die Seebühne geschlossen und so konnte man sich voll den Bands auf der Frei- und Hauptbühne widmen. Zebrahead waren die letzten Jahre immer wieder auf dem Open Flair und bespielten bereits alle drei Bühnen. Ich erinnere mich genau an das 2009er Freibühnenkonzert, als es so heiß und staubig war, dass mich danach überall eine Schicht aus Schweiß und Staub überzog. Was habe ich damals die Toilettenwagen mit fließendem Wasser gelobpreist. Wer Zebrahead bestellt, bekommt gute Laune, Party und Moshpits. Optisch weniger wild, aber in schicken Anzügen ging es anschließend mit Royal Republic weiter. Ein Hauch von Romantik wehte bei dem Auftritt von Liedfett über das Festivalgelände, als ein Fan seiner Freundin auf der Bühne einen Heiratsantrag machte. Natürlich hat sie “ja” gesagt. Limp Bizkit bildeten den krönenden Abschluss des Open Flairs. Sie starteten direkt mit ihrem Hit “Rollin’“ durch. Frontmann Fred Durst war gut in Form und heizte dem Publikum ein letztes Mal ein.
Das Open Flair ist mir seit Jahren ans Herz gewachsen. Ich bin gerne da. Und nächstes Jahr ganz bestimmt auch wieder.