We Butter The Bread With Butter – und Gummibärchen
Haribo, Hundekuchen und Butterbrote: Hardcore kann so witzig sein
25.04.2011 [db] Wenn es Preise für die beklopptesten Bandnamen gäbe, wären die drei Bands an diesem Abend verdammt weit vorne. Haribo macht Kinder froh, You ate my Dog und We Butter The Bread With Butter (kurz und “eingängiger” auch gerne: WBTBWB). Wenn dann noch so klangvolle Albennamen wie “Der Tag, an dem die Welt unterging” oder “Das Monster aus dem Schrank” hinzukommen, das Liedgut größtenteils aus neu aufgelegten Kinderliedern besteht, dann weiß man, dass die Herrschaften ihren Job sehr, sehr ernst nehmen. Ich hatte schon fast vergessen, wie viel Spaß dieser seriöse Musikstil macht. Hehe. Dabei ist Hardcore nicht einfach nur Hardcore – das ist Technocore, Partycore, Metalcore, Dancecore, Nintendocore und weiß der Geier was noch alles. Und irgendwie macht alles, wo ein „Core“ dran hängt wahnsinnig viel Spaß.
Als man mir am Einlass sagt, dass die erste Band des Abends „Haribo macht Kinder froh“ heißt, glaube ich allen Ernstes noch an einen Scherz. Wer bitte gibt sich so dämliche Bandnamen? Bandnamen, die mich grinsen lassen. Als ich dann das Bühnenbild sehe – ein Knuffelmonster umgeben von Süßigkeiten – weiß ich, was auf mich zukommen wird. Und so ist es dann auch: Bevor die Holländer mit dem klangvollen Gummibärchen-Namen loslegen, wird erstmal gestretcht was das Zeug hält. Hat schon fast etwas von einer Choreographie. Danach folgt eine Söhnlein Brillant-Dusche fürs Publikum und jede Menge Arbeit für die Sprunggelenke. Das ist keine Schunkelmucke, Herrschaften. Hier geht es zur Sache. Und wieder gratuliere ich mir selbst zur gekonnt verpeilten Schuhwahl – mit rosa Ballerinas sind meine Füße im Bühnenbereich Freiwild und suchen – mitsamt der Frau, die dranhängt – schnell das Weite. Aus der Ferne beobachten hat auch was für sich und ist enorm Schrammen vermeidend. Außerdem verschüttet man sein Bier so nicht.
„Haribo macht Kinder froh“ fragen, ob man hier „I want it that way“ von den Backstreet Boys kenne. Oh mein Gott! Nein! Ja! Die lachen sich selbst scheckig auf der Bühne, als sie sich dran machen, den Schmalzsong zu zerschreddern und ich denke mir nur: „Die muss ich adoptieren!“ Bevor mich an dieser Stelle ein Hardcore-Chick wieder eines Besseren belehren will: DAS war abgehen! Springen, Moshen, in Kreisen rennen, alles dabei. Die Holländer haben gleich den fünften Gang eingelegt und die Crowd hat es dankbar angenommen. Die Schokolade vom Osterhasen muss abgeschüttelt werden. Die zweite Band des Abends ist dann irgendwie weniger witzig und kommt mir eher wie ein Downer vor. Die Schweden von „You ate my Dog“ verwirren mich durch ihren eigenwilligen Mix aus eigenwilligem Gesang und Crowls. Der Gesang liegt teilweise derb neben dem Rhythmus. Vielleicht stehe ich auch zu nah an den Boxen – ich habe mich wieder nach vorne gewagt, trete aber gleich wieder den Rückweg an, als sich in der plötzlich stillstehenden Menge doch so etwas wie Bewegung zeigt. Im Publikum stehen viele mit verschränkten Armen. Der Sound kommt nicht so gut an, wie der Partycore der Holländer zuvor. Als mich mein Fotograf dann noch fragt, was das eigentlich sei, was Core eigentlich sei, bin ich für diesen Abend mit meinem Latein am Ende. Zeit für die nächste Umbaupause. Die fällt erfrischend kurz aus, hängt vielleicht auch damit zusammen, dass die Meute vor der Bühne den Soundcheck lautstark begleitet. Drumtest. Applaus. Testschrammeln am Bass. Applaus. Das „Hey, hey, eins, zwo“ wird im Echo des Publikums vervielfacht und schon gehen die Lichter aus. Lärm an. Was dann folgt, weiß ich nicht so recht zu beschreiben. Ich erfinde für den Opener kurzerhand den Symphonic Nintendocore. Das passt.
Die Jungs von WBTBWB sind neben dem herrlichen Ohrensausen, das sie verursachen, auch etwas fürs Auge. Die Combo aus Brandenburg hat sich definitiv an der ein oder anderen Boyband ein Beispiel genommen, denn mit ihrem einheitlichen Bühnenoutfit, gehen sie durchaus als Boygroup durch. Auch der Hardcore braucht seine Posterboys – voila, hier sind sie! Der frisch-brachiale Sound dazu bringt die Fans im Gewerkschaftshaus in Erfurt gleich zum Ausrasten und die Ordner zum hyperventilieren. Die nächste Generation Metal zeigt, dass die Tage des klassischen Headbangens vorbei sind. Hier wird gemosht, was das Zeug hält. „Habt ihr Lust auf laute Musik? Habt ihr Lust auf ‚Alle meine Entchen‘? Sollt ihr haben!“, grinst Frontbrot Marcel Neumann ins Micro und lässt dann einen Schwall Pig Squeals und Crowls auf die Besucher los. Überhaupt drehen sich die Songs von WBTBWB nur um wirklich ernste Themen wie Kartoffelsalat und dergleichen. WBTBWB spielen zwar nicht vor vollem Haus, aber sie schaffen es mit den anwesenden Fans das HsD rhythmisch in Schutt und Asche zu legen. Heiser und verschwitzt, mit ein paar blauen Flecken mehr ist der ein oder andere nach Hause gegangen. Ich hab meine rosa Ballerinas unbeschadet aus dem Abend retten können. Aber hey, ich habe diese Woche noch ein Knorkator-Konzert auf dem Plan. Da lass ich es wieder drauf ankommen.