Schwarz, Feuer und Schweiß
SVBWAY TO SALLY – “Schwarz In Schwarz” Tour 2011
29.10.2011 [db] Es ist ein alljährliches Ritual – wenn es kälter wird, kommen Subway to Sally nach Erfurt in den Stadtgarten und heizen ein. Jedes Jahr ein bisschen mehr. Ich kann von mir behaupten: ich habe überlebt. Immer an der Grenze zur Dehydrierung. Die gestandenen Mittelalterrocker sind mit ihrem neuen Album “Schwarz in Schwarz” auf Tour und haben sich offenbar zum Ziel gesetzt, an ihren Konzertstationen alles in Schutt und Asche zu legen. Das ist durchaus positiv gemeint. Die Band um Frontmann Eric Fish ist brennt förmlich auf der Bühne. Bei Subway to Sally gab es, solange ich sie live erleben durfte, schon immer Feuer. So viel wie jetzt aber noch nie. Doch zurück auf Anfang: Als wir am Stadtgarten ankommen, hat sich vor dessen Türen schon eine beachtliche schwarze Traube gebildet. Wir gehen hinein und erleben die letzten Arbeiten an der Bühne und den Soundcheck mit, während in der Venue noch die berühmte Ruhe vor dem Sturm herrscht. Wir marschieren Richtung Raucherbereich im Obergeschoss, von dem aus ich beobachten und hören kann, wie sich dann bei Öffnen der Türen eine applaudierende Menge Richtung Einlass schiebt. Als es sich oben zusehends füllt, treten wir wieder den Weg nach unten an. Je mehr Leute sich im Saal einfinden, desto wärmer wird es und ich denke mir: “Das kann ja heiter werden.” Vor zwei Jahren brachten Schandmaul sämtliche Glastüren im Stadtgarten zum Schwitzen. Das sollte heute auch zu schaffen sein, bei all der Pyrotechnik die auf der Bühne und im Graben verstaut ist.
Als Support haben Subway to Sally die Band Nachtgeschrei dabei. Deren Frontmann Holger Franz quält sich gerade mit einer Erkältung herum und wirkt ein wenig angeschlagen, zieht die Show aber von Anfang bis Ende durch. Schließlich sind auch ein bemerkenswerter Anteil Nachtgeschrei-Fans im Publikum versammelt. Es wird seine letzte Tour mit Nachtgeschrei sein, denn im April 2012 werden sich ihre Wege trennen. Nicht im Streit. Das Leben kam dazwischen. Die Auftritte mit Subway to Sally und eine kleine Clubtour im Anschluss geben ihm genügend Zeit, sich von der Bühne und den Fans zu verabschieden. Ob der neue Sänger, der momentan dringend gesucht wird, genauso gut in die Formation passt, wird sich noch zeigen. Franz‘ Stimme hat das notwendige tiefe Timbre für Nachtgeschreis Stücke, die irgendwo zwischen Gothic Rock und Metal balancieren. Die Songs vom aktuellen Album „Ardeo“ (lat. für „ich brenne“, VÖ: 2010) leiten perfekt in den Abend hinein.
Die ersten fünf Lieder sind für die Fotografen tabu. Der Graben gesperrt. Was Subway to Sally ab dem Opener an Feuersalven loslassen, treibt uns selbst weit entfernt auf der Empore den Schweiß auf die Stirn. Eric Fish ist glänzend aufgelegt, übt sich im Feuertanz und Feuerspucken. Dazu geht ein wahres Feuerwerk im Takt los. Manchmal denke ich, die gesamte Bühne steht in Flammen. Die Bässe wummern durch das Publikum. So stark, dass ich später im Graben von Kopf bis Fuß vibriere. Nett. Das Publikum hinter mir ist seit dem ersten Takt komplett aus dem Häuschen. Die Band vor mir heizt an. Und ich bin dazwischen, als Eric Fish beim Song „Das schwarze Meer“ von der Bühne herunterspringt, auf die Absperrung klettert und sich dann von seinen Fans auf Händen tragen lässt. Als ich Subway to Sally dieses Jahr im Sommer Open Air erlebte, fand ich sie nicht halb so energiegeladen wie an diesem Abend. Ich fand sie fad und farblos. Diesen Eindruck haben sie an diesem Abend revidiert. Es liegt nicht an der Feuershow, es liegt nicht am restlos überdrehten Bass. An diesem Abend in Erfurt sind Subway to Sally lichterloh am Brennen – gemeinsam mit ihren Fans. Eine eingeschworene Meute – durch neue und alte Lieder. Durch die Wogen des Abgesangs und der Wiederauferstehung einer Mittelalterband, die wie keine andere das Genre mitgeprägt hat. Bleibt abzuwarten, ob sie das Feuer am Leben erhalten können. Ihre Fans werden es ihnen danken. Ich nehme beim nächsten Konzert ein Handtuch mit. Denn ein nächstes Mal in Erfurt wird es mit Sicherheit geben. Dann bin weitaus besser vorbereitet, wenn der Schweiß in Strömen zu fließen beginnt.