Stoned From The Underground 2013
Die Wüste lebt. Bei Stotternheim.
13.07.2013 [db] Pothead müssen absagen. Die Siedlung in der direkten Nachbarschaft des Festivals wird zum Wohngebiet erklärt, Livemusik ist ab sofort nur noch bis Mitternacht erlaubt. Die Hauptverkehrsader zum Alperstedter See wird pünktlich zum Festival komplett gesperrt. Die Temperaturen fallen von einem Tag auf den anderen ab. Man könnte meinen, in diesem Jahr möchte jemand die Stonerfans ärgern. Man könnte meinen, in diesem Jahr ist der Wurm drin. Könnte man. Man könnte aber auch hinfahren, sein Zelt aufschlagen, den Alltag ausschalten und wieder eines der entspanntesten Festivals überhaupt erleben, atmen, fühlen, hören und sehen. Man könnte einfach daran teilhaben, an der dreizehnten Edition des Stonerfestivals bei Stotternheim, bei Erfurt, in Thüringen. Hin. Und weg.
Zugegeben, auch nach fünf Jahren Stoned From The Underground bin ich noch kein Experte für Stonerrock, sagen mir viele Bandnamen nichts und bedeuten für so einige hier die Welt. Ich halte es da lieber wie das Blatt im Wind und lasse mich treiben. Jedes Jahr aufs Neue. Es ist faszinierend als Außenstehender in den Mikrokosmos des Stonerrock einzutauchen und sich von diesem Lebensgefühl mitreißen zu lassen. Ich bekomme dann immer wieder spontan das Bedürfnis nach neuen Tätowierungen und langen Haaren, einer überdimensionalen Sonnenbrille und Flip Flops. Es hat etwas vom Freiheitsgefühl der Hippies, bar jeglichen weltlichen Drucks. Es hat die Stärke des Metal und einen unheimlichen Groove. Ich kann es für jene, die nicht daran teilnehmen, kaum greifbar oder fühlbar machen. Das geht nur dort. An diesem faszinierenden Ort, der für drei Tage zum Mekka der Stoner aus allen Himmelsrichtungen wird und sich anschließend wieder in einen Baggersee mit Wohnsiedlung verwandelt.
Ich entdecke in diesem Jahr meine Schwäche für schwedische und dänische Stonerbands, damit bin ich nicht allein. Formationen wie Truckfighters (SWE), Pet the Preacher (DK), Lord Vicar (FIN) und Horisont (SWE) scheinen Stonerrock mit der Muttermilch aufgesogen zu haben, lassen mich länger in Bühnennähe verweilen und viel langsamer Richtung Backstage schlendern, um dort die eben geschossenen Fotos zu bearbeiten. Jessas, man weiß manchmal nicht wo man hinhören und hinschauen soll. Jedes Jahr aufs Neue diese herrliche Sinnesverwirrung. Hercules Propaganda aus Jena schießen in Lack und Latex dann optisch den Vogel ab. Dieses Durcheinander an Farben und Klängen. Und immer die Frage: Wo zum Geier holen sich die Bands ihre Klamotten? Es mutet an wie eine Zeitreise, die man unternimmt, wenn man da auf die Bühne schaut. Ein Fan fragte mich, ob Earthless den Song „Red“ gespielt hätten. Ich konnte es ihm nicht beantworten und meinte: „Wir waren nur die üblichen drei Songs im Pit zum Fotos machen, mehr hab ich von der Band leider nicht mitbekommen. Ich weiß nicht, ob ‚Red‘ dabei war.“ – „Drei Songs? Das ist doch fast deren komplettes Set!“ Ja, die Songs haben epische Länge. Wenn ein Act 45 Minuten Stagetime hat, dann kann es schon mal bei drei Songs auf der Setlist bleiben. Zeit spielt für die Stücke keine Rolle. Zeit spielt an diesem Wochenende keine Rolle. Wahrscheinlich gehe ich deshalb so wahnsinnig gerne auf das Stoned From The Underground. Wahrscheinlich ist dieses Festival genau deshalb ein Lichtblick im Einheitsbrei der sommerlichen Open Airs. Vielleicht will ich diesen Farben-Formen-Klänge-Bilder-Overload, um mich komplett vom Alltag lösen zu können. Klappt immer wieder wunderbar. Zur Nachahmung empfohlen. Im nächsten Jahr wieder, zur 14. Edition dieses wunderbaren Wahnsinns.
Das Stoned From The Underground 2013:
Donnerstag
ISOPTERA (GER) • MIRROR QUEEN (USA) • ATOMIC BITCHWAX (USA) • PELICAN (USA) • EARTHLESS (USA)
Freitag
TRECKER (GER) • OPERATORS (GER) • PET THE PREACHER (DK) • HORISONT (SWE) • SARDONIS (BEL) • TROUBLED HORSE (SWE) • TRUCKFIGHTERS (SWE) • ACID KING (USA) • MUSTASCH (SWE)
Samstag
HYNE (D) • HERCULES PROPAGANDA (GER) • DEVILLE (SWE) • BLACK BOMBAIM (PT) • BEEN OBSCENE (AT) • LORD VICAR (FIN) • FIVE HORSE JOHNSON (USA) • LOWRIDER (SWE)