Max Herre auf “Ein Geschenkter Tag”-Tournee 2009
Er kann auch anders
25.11.2009 [db] „Es ist nicht das, was man sagt, es zählt, was man dabei fühlt.“ Max Herre, Vorzeige-Frontmann der Hip-Hop-Formation Freundeskreis, ist heute ein anderer als noch vor zwei Jahren. Er begeht neue Wege. Er probiert sich neu aus. Und man sieht: Herre hat sich mit dem Leben verändert. Ist nicht stehen geblieben. Das spiegelt sich in seiner Arbeit wieder. Mit seinem zweiten Album „Ein Geschenkter Tag“ wandelt er jetzt wieder auf Solopfaden. Und ganz nebenbei hat er den Sprung vom Rapper/ Hip Hopper hin zum Singer/ Songwriter geschafft. Direkt und echt singt Max Herre unprätentiöse Lieder über Erlebtes und Gefühltes, Geträumtes und Wahres. Der neue Max Herre erinnert ein wenig an seinen Labelkollegen Clueso. Nur mit einer Prise mehr Äquatornähe. Die Meinungen über seine neue musikalische Richtung sind sehr verschieden. Die einen trauern der letzten Hip-Hop-Hoffnung Deutschlands nach, die nun keinen mehr macht. Die anderen finden seinen Weg mutig und empfinden die Weiterentwicklung als vollkommen logisch. Herre tourt gerade mit seiner neuen Band, mit der er auch das Album eingespielt hat. Am Mittwochabend stand Erfurt auf dem Tourplan. Bei all den widersprüchlichen Meinungen zum neuen Album, musste man gespannt sein, wie viele Fans kommen würden. Würden sie ihm den Stilbruch, die Abkehr vom Hip Hop, übel nehmen? Oder sind sie mit Max Herre gewachsen? Sie sind es. Im Stadtgarten war es voll.
Über dem Stimmengewirr der wartenden Gäste erhob sich kurz nach 20 Uhr eine glockenklare Stimme. Auf der Bühne stand eine Frau mit einer Gitarre: Mariama. Ihr kam es an diesem Abend zu, dass Konzert zu eröffnen. Sie wirkte schüchtern, wenn sie mit dem Publikum sprach und hatte beim ersten Song Mühe, den Geräuschpegel im Saal zu übertönen. Doch nachdem das erste Lied verklungen war, hatte der Großteil der Besucher bemerkt, dass man sich Mariama nicht entgehen lassen sollte. Ab da hörten sie zu, wurden leiser. Mit ihrer warmen Stimme sang sie sich in die Nacht hinein. Ihre Songs klingen wie Träume, die man vergaß zu träumen, sonnige Sonntagmorgen, süße Melancholie und nachlassender Schmerz. Mariama erinnert an die großartige India Arie. Mit jedem Song schien sie auf der Bühne sicherer zu werden. Mit jedem Ton war sie mehr sie selbst. Lieder, wie warme Regentropfen. Belohnt durch ebenso warmen Applaus.
Nach einer kurzen Umbaupause war es an der Zeit für Max Herre. Als der Lockenkopf aus dem Schatten heraustrat, gab es den ersten Willkommensapplaus. Kleinere technische Schwierigkeiten mit der Gitarre meisterte er charmant. „Ich geh jetzt noch mal runter von der Bühne und komme wieder und ihr klatscht nochmal.“ Einen Sprung aus dem Scheinwerferlicht hinaus und wieder hinein, dem zweiten Willkommensapplaus folgte dann der erste Song. Er ist nicht Clueso und will sicher nicht in seine Fußstapfen treten, so viel sei gesagt, doch nimmt er mittlerweile die gleiche Richtung. Das konnte man deutlich hören. Das heißt aber nicht, dass er nicht Max Herre ist, und dass es seine Songs sind. Weg von Elektronik und Sprechgesang, hin zu klassischer Folk-Instrumentierung und doch derselbe, nur eine Stufe weiter. Seine Lieder sind authentisch. Man kennt den Stress und die Hektik, die er besingt. Man kennt den Wunsch nach Flucht und wünschte sich auch einen solchen geschenkten Tag. Was du gibst, ist was du kriegst. Seine Fans bekamen an diesem Abend einen Musiker, der so lange schon dabei ist, der aber sympathisch neu wirkte. Der sich oft nach seiner Band umdrehte, ihnen zu spielte, als ob man sich noch finden müsse. Charmant neu. Doch auch die Freundeskreis-Nostalgiker wurden an diesem Abend belohnt, mit einer samtig gehauchten Version des Klassikers „A-N-N-A“. Und da er ja jetzt ein klein wenig in der musikalischen Ecke von Clueso tanzt, lag es nah, dass eben jener ihn bei seinem Erfurter Auftritt auf der Bühne unterstützte. Im Vorfeld des Konzertes hieß es, man solle die Augen aufhalten, es gäbe an diesem Abend eine Überraschung. Ein Freund hatte mir am Abend zuvor erzählt, dass er Clueso auf dem Erfurter Anger beim Shoppen getroffen habe. Irgendwie war ich mit meiner Vermutung, dass er für Max Herre ein Gastspiel geben würde, verdammt nah dran. Eine schöne Geste an einem schönen Abend. Zwei wunderbare Sänger. Was will man mehr. Max Herres Konzert war ein Hauch von einem geschenkten Tag.
Doch bei all der viel diskutierten Veränderung ist eines geblieben – sein unverwechselbarer Lockenkopf.