Rock dir den Weihnachtsfrust weg
Das zwölfte anger77-Weihnachtskonzert im HsD
23.12.2009 [db] Wer Weihnachten liebt, sollte den ersten Absatz überspringen. Weihnachten ist scheiße. Weihnachten ist Stress. Weihnachten macht die Menschen dumm. Da wird stundenlang an der Kasse brav angestanden mit Spielzeug und Technik, die überteuert sind, mit Parfum, dass nach zwei Tagen stinkt und Büchern, die keiner jemals lesen wird. Die Verwandtschaft kündigt sich für einen Blitzbesuch über die Feiertage an. Wo bleibt da die Entspannung? Unerfüllbare Wünsche, Last-Minute-Einkäufe, Dekorationschaos, Familienterror. Das Fest der Liebe kann Hektik pur sein. Wenn man am Tag vor Heiligabend dann endlich, endlich alles im Kasten hatte, konnte man den Tag noch zu einem versöhnlichen Abschluss bringen – mit dem mittlerweile traditionell-legendären Weihnachtskonzert von anger77.
Bereits zum zwölften Mal gaben die Erfurter ihr Konzert vor dem Fest. Als Vorband hatten sie sich Phileas eingeladen, einigen vielleicht bekannt als Beats of Loner. Vor zwei Jahren waren sie unter diesem Namen noch als Support aufgetreten. Ein wenig ruhiger geworden und durch einen Keyboarder verstärkt, rockten sie gemächlich in die Nacht. Feiner Deutschrock von einem eingespielten Team. “Dieser Ort ist nicht mehr das, was er einmal war”, sangen sie. Früher war alles anders. Doch eines bleibt, könnte man meinen: das Weihnachtskonzert von anger77. Konstanten sind etwas beruhigend Schönes, etwas worauf man sich freuen kann. Bei einem Blick ins Publikum konnte man sehen, dass sich einige wahrscheinlich genau das dachten. Bevor es zu Hause im Kreis der Familie Weihnachtsbraten und “Last Christmas” aus den Boxen geben würde, bevor man die Papiertonne mit zerknülltem Geschenkpapier überlasten würde, konnte man noch einmal durchatmen.
Ein tiefer Atemzug noch. Einen Augenblick, dann rückten alle ein bisschen näher an die Bühne heran. Sangen mit. Tanzten. Lachten. anger77 hatten sich in diesem Jahr rar gemacht. Umso mehr wurde dieses eine Konzert zum Jahresende genossen. Heimkommen. Das werden langjährige Fans der Band empfunden haben. Die Erfurter machen Rock, der mal getragen, mal schnell ist – aber immer entspannt. Melancholisch, aber nie zu traurig. “Das nächste Lied ist mein Lieblingslied, wie alle anderen auch”, so Sänger Andreas “Sigi” Siegmund. Die Wahl fiel auch wirklich schwer, denn sie hatten ein harmonisches Set zusammengestellt mit einem ruhigen Akustikteil gegen Ende. Am schönsten jedoch war an diesem Abend – für mich – der Anblick zweier Besucher, die direkt vor mir perfekt neben dem Takt her hopsten. Völlig gefangen in den Songs, herrlich asynchron in der Melodie schwebend. So muss es sein. Bis gleich. Nächstes Jahr wieder.